Samstag, 28. März 2015

Adolf von Baeyer half Wilhelm als Gutachter vor Gericht

Adolf von Baeyer (1905 Nobelpreis)
Wilhelm und Tiemann hatten ständig mit gerichtlichen Auseinandersetzungen zu kämpfen, es ging immer um Patentverletzungen beim Vanillin und besonders auch um Jonon. Es  war fast immer die  Firma Fritzsche & Co in Hamburg, auf die man vor Gericht traf.
Diese Firma  hatte ein Patent zur Erzeugung von Isoeugenol aus Nelkenöl angemeldet.
H&R erkannte darin eine Patentverletzung ihres Isoeugenol-Patentes 57808 und legte beim Patentamt Beschwerde ein. Daraufhin hatte das Patentamt die Abhängigkeit von dem Patent 57808 erklärt, worauf wiederum Beschwerde von Fritzsche & Co eingereicht wurde. 
In Hamburg ging H&R wegen Patentverletzung  gerichtlich vor. 

Für Tiemann müssen die gerichtlichen Auseinandersetzungen  sehr belastend  gewesen sein. Um so befreiender war ein Teilerfolg, als er am 1. Juli 1898 in einem Telegramm nach Holzminden verkünden konnte, dass die Patentanmeldung Fritzsche & Co in mündlicher Verhandlung vollständig zurückgewiesen worden sei. 

Als dann auch noch Jonon, der Veilchen-Riechstoff ohne Lizenz von Fritzsche & Co
produziert wurde, begann ein langer Prozess gegen diese Firma und Wilhelm schaltete Adolf von Baeyer als Gutachter ein.
Dieser  stellte sich sofort mit einem umfangreichen Gutachten zur Verfügung und konnte damit dazu beitragen, diesen Prozess 1899 für H&R zu gewinnen. Dieser Jonon-Prozess erregte damals in der Fachwelt große Aufmerksamkeit und es wurde ausführlich darüber berichtet. 






Samstag, 21. März 2015

Vergiftungen durch Vanille?

Wilhelm hatte es schon immer befürchtet, irgendwann würde es eine Pressekampagne gegen Vanille und auch Vanillin geben. 
Bereits in den Jahren zuvor hatten Autoren von giftigen Bestandteilen der Gewürzvanille berichtet, angeblich verursacht durch den Milchsaft eines Giftbaumes, an dessen Stamm die Vanille gezogen wird, denn die Vanille ist ein Schlinggewächs. Auch von Milben war die Rede, als in Bordeaux Arbeiter an Hautveränderungen erkrankten, die zuvor mit dem Sortieren von Vanille in Lagerhäusern beschäftigt waren. Die 
Berufskrankheit wurde als "Vanillisme" bezeichnet.

Jetzt gab es wieder Schwierigkeiten:
Bei dem Verzehr von Vanille-Eis waren Magen-Darm-Erkrankungen aufgetreten, und man sprach dabei von Vergiftungen.
Als Ursache wurde vorschnell die Vanille bzw. die feinen Kristalle auf der Oberfläche der Schoten und damit auch der künstlich hergestellte Aromastoff Vanillin ausgemacht.Es gab aber auch Stimmen, die Bakterien in der Milch auch als eine Ursache einstuften. Bei einer Vergiftung durch Vanille in Brooklyn stellte man fest, dass Milch im gleichen feuchten Keller aufbewahrt wie das Vanilleeis zu ähnlichen Vergiftungserscheinungen führte, wie The World berichtete.
Wilhelm war sofort klar, sie hatten  ein Problem zusammen mit allen Vanille-Importeuren.

Gerade war das synthetische Vanillin dabei, den Vanille-Markt zu erobern, so eine Pressekampagne konnten sie überhaupt nicht gebrauchen. Die Verbraucher waren verunsichert und kauften das Produkt nicht mehr.


So bekam dann Oberstabsarzt Dr. Preusse den Auftrag, das Vanillin gründlich auf seine Verträglichkeit zu überprüfen. Dabei konnte er sich auch auf die Dissertation von Dr. v. Wistinghausen stützen, der ebenfalls bereits das Vanillin pharmakologisch untersucht hatte. Das Ergebnis war eindeutig, Vanillin war völlig ungiftig!

Aber wie den Schaden begrenzen? Jetzt mußte wieder viel Aufklärungsarbeit geleistet werden. Wilhelm war es so leid, immer wieder mußte er kämpfen. Kämpfen gegen Wettbewerber, kämpfen vor Gericht und gegen Verleumdungen.

Erst langsam klang die Kampagne gegen Vanillin wieder ab, und man kam zu der Einsicht, dass man bei der Herstellung und Lagerung von Vanille-Eis die elementarsten hygienischen Voraussetzungen beachten musste.

Die Ursache der fraglichen Erkrankungen war in Zersetzungsvorgängen zu suchen, welche die Hauptbestandteile der Vanillespeisen, nämlich Eier und Rahm, bzw. Milch vor oder bei ihrer Verwendung erlitten hatten.
Wilhelm war froh über die Entwicklung, nicht aufgeklärt dagegen blieben die Beschwerden wie ständiges Jucken, hauptsächlich im Gesicht und an den Händen der mit Vanille beschäftigten Arbeiter in den französischen Handelshäfen. Auch in den Vanillegebieten Mexikos sollen die Arbeiter an einer eigenartigen Dermatitis leiden.







Samstag, 14. März 2015

Marie-Louise liebte das Veilchenparfüm





Wilhelm hatte den künstlichen Veilchenduft Jonon nach der Erfindung produziert und erfolgreich vermarktet. Vorbild war für ihn das Parmaveilchen "Violetta di Parma".
Bereits im 1. Jahrhundert n. Chr. diente das Veilchen als Medizin, bevor es seine "Karriere" als Parfüm begann. Später empfahl die Heilige Hildegard von Bingen im 10. Jahrhundert das Veilchen als wirksames Mittel gegen Sehstörungen, Melancholie und auch Krebs.
Schon 1750 gelangten die Veilchen nach Parma und wurden im Botanischen Garten angepflanzt.
Bekannt wurden die Veilchen aber erst richtig durch die Veilchenfanatikerin Marie-Louise von Österreich. Sie lebte längere Jahre in Parma in der Villa Colorno und war gegen ihren Willen mit Napoleon verheiratet worden und erhielt den Titel Herzogin von Parma und Piazenza.
Nach der Renovierung des Palastes brachte sie überall an den Wänden Veilchenbouquets an, auch trug sie zartlila Gewänder und benutzte das Veilchenparfüm.
So wie jedes Schulkind bekam auch Wilhelm den Vers über das Veilchen mit auf den Lebensweg:
Blüh wie das Veilchen im Moose
sittsam, bescheiden und rein
und nicht wie die stolze Rose
die stets bewundert will sein. 






Samstag, 7. März 2015

Parfümeur Guerlain bringt den Durchbruch für den Veilchenduft


Aimé Guerlain
Wilhelm wußte, auch wenn sie alle von der neuen preiswerten Veilchenduft-Qualität überzeugt waren, sie hatten noch lange nicht gewonnen.
Da gab es die Zunft der Parfümeure, die wahren Könige der Duftstoffe, so z.B. Aimé Guerlain in Frankreich, immerhin Hoflieferant am Kaiserhaus.
Sie konnten den Daumen heben oder auch senken, dann war alles dahin.

Bislang waren die französischen Parfumes in der ganzen Welt führend, in Deutschland dagegen gab es nur das Eau de Cologne, welches im 18. Jahrhundert von Johann Maria Farina entwickelt worden ist.

Wilhelm konnte schon ein Lied davon singen, die Parfümeure waren bislang daran gewöhnt, nur mit natürlichen Duftstoffen zu arbeiten und daher sehr mißtrauisch, als die ersten künstlichen Riechstoffe wie Cumarin auf den Markt kamen.

Deshalb ging er sehr behutsam vor bei der Vorstellung des neuen Veilchenduftes.
Warum sollte er sich nicht direkt an den berühmten Parfümeur Guerlain in Frankreich wenden, um sein neues Produkt vorzustellen?
Gesagt, getan, über die Zweigniederlassung in Paris mit seinem Partner de Laire wurde Kontakt aufgenommen und Proben wurden geliefert.

Die Zeit verging, man hörte nichts von Guerlain.
Dann kam die Nachricht, und sie schlug ein wie eine Bombe.
Er war begeisert, auf so ein Produkt hatte man gewartet.

Gezielt konnten die Parfümeure jetzt beide Isomeren von Jonon je nach Kopfnote des Parfumes variieren und hatten nun neben Vanillin und Cumarin ganz ungeahnte Möglichkeiten, einen neuen Duft zu kreieren. Sofort kurbelte Wilhelm die Produktion von Jonon an, stellte weitere Mitarbeiter ein und erweiterte die Produktionsräume.
Parfümeur Aimé schuf 1889 das Parfum Jicky und bewies damit Mut, in dem er der Chemie den Vorrang vor der Natur gab. Er brach damit mit der herkömmlichen Parfümeriekunst, . Er bemühte sich nicht mehr Blumendüfte zu kopieren, sondern wollte statt dessen Emotionen wecken. Durch die Kombination von Vanillin, Jonon und Cumarin mit Ambra und den frischen Noten von Lavendel und Bergamotte schuf er das erste moderne Parfum. Die Damen lehnten Jicky bis 1910 ab, dafür wurde es von den Herren gern genommen.