Der Abschied von London ist Hofmann nicht leicht gefallen. Aber wer hätte sich jäh dem Ruf des Vaterlandes entzogen? Er freute sich, nun wieder in seiner Muttersprache lehren zu können:
Bei dem Gedanken, dass ich fortan wieder die
Sprache sprechen solle, die ich mit meinen Eltern , mit meinen Jugendfreunden
geredet hatte, in welcher die ersten Worte meiner Lehrer in mein Ohr gedrungen
waren, dass ich diese Sprache sprechen
soll auf einer deutschen Hochschule, zu der Jugend meines deutschen Vaterlandes, bei diesen
Gedanken schwanden alle Bedenken. (Erwiderung auf den Toast von Magnus 8.01. 1870)
Der Umzug nach Berlin
erfolgte Anfang Mai 1865. Begleitet von seiner Schwiegermutter Mrs. Wilson und
deren Schwester Miss Shepley nehmen sie Quartier in der Bel-Etage des Hotel de
Rome.
Bereits in der
nächsten Woche gegann er am Montag um 9 Uhr seine Vorlesung über
Experimetalchemie an der Friedrich-Wilhelms-Universität.
Mit der neuen
Umgebung kam er gut zurecht und fühlte sich in Deutschland wieder vollkommen
wohl.
Allerdings wurde
ihm der Unterschied zwischen der Metropole London und der Provinz Berlin sehr
bewusst, und er konnte nicht umhin, seinem Bruder Fritz nach dem 1. Semester
voller Spott zu schreiben:
Wie vieles hat sich so ganz anders gestaltet,
als ich erwartet hatte. Mit London verglichen, kommt Einem Berlin doch immer
vor wie ein grosses Dorf. Die Linden sind allerdings eine grossartige Schöpfung
und der Platz zwischen dem Palais des Königs, dem Opernhaus und dem Palais des Kronprinzen auf der einen, und der Academie , der
Universität und dem Zeughause auf der anderen Seite mit dem Blick
über die Schlossbrücke nach dem alten Schloss, dem Dom und dem Museen
ist einer Hauptstadt würdig. Auch der sogenannte Gendarmenmarkt mit dem
Schinkel´schen Schauspielhause von vollendeter Schönheit mit den beiden kuppelgekrönten Thürmen
welche Friedrich der Grosse erbauen
liess, ist ein prächtiger Platz. Allein an den beiden reichgegliederten Thürmen
hängen, völlig unvermittelt, zwei völlig schmucklose Kirchen mit hohen rothen Ziegeldächern, welche nicht
unschöner gedacht werden können, wodurch der Gesamteindruck des Platzes wieder
in hohem Grade beeinträchtigt wird. Ebenso kläglich sind die Häuser; inder
endlosen Friedrichstrasse sind die meisten Häuser zweistöckig, nur hier und da ragt zwischen
denselben ein mehrstöckiger Bau empor. Und dann die grässlichen Rinnsteine,
welche das Trottoir – berlinisch Bürgersteig – von dem Strassendamm trennen.
Was in diesen Rinnstein fliesst oder vielmehrnicht fliesst, ist geradezu
unglaublich. Wenn ich zu Tische gehe, führt mich mein Weg durch die
Charlottenstrasse, eine Parallelstrasse zur Friedrichstrasse. Dort in nächster
Nähe der Linden quamlt in den Rinnsteinen brodelde Seifenlauge, deren Dampf mir
jedesmal die Brille beschlägt.
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