Sonntag, 17. Juli 2016

Hofmann zieht von Bonn nach London

Royal College of Chemistry
Stolz schaute Hofmann im Oktober 1845 auf die Liste der Studenten, die sich für seinen Kurs in analytischer Chemie eingeschrieben hatten. Es waren tatsächlich 26 junge Männer, die sich in das provisorisch eingerichtete Laboratorium in der George-Street nur so drängten, um von ihm in den modernsten Methoden- von Liebig entwickelt-, unterrichtet zu werden. 
Viel Arbeit stand ihm bevor, was war er doch froh, dass sein Assistent Hermann Bleibtreu ihm aus Bonn hier nach London gefolgt war. Er war nicht nur fachlich eine große Stütze für ihn, nein, er brachte durch seine halbmilitärische Kleidung und sein Radebrechen im Englischen die absolute Heiterkeit ins Labor.
Schon nach einem Jahr erfolgreicher Arbeit konnte das Comité auf einem Grundstück zwischen Hanover Square und Oxfordstreet neue Räume für Laboratorien sowie Wohnung für den Professor zur Verfügung stellen. Prinz Albert persönlich legte am 16. Juni 1846 den Grundstein und das Institut bekam den offiziellen Titel "Royal College of Chemistry".
Hofmann dachte zurück an die vielen einsamen Tage und Nächte, die in der Aufbauphase angefüllt waren mit Arbeit und noch einmal Arbeit. Hatten sie doch nur einem Ziel gedient, endlich seine Helene nach London holen zu können.
Jetzt im August 1846 war es so weit, er konnte einen eigenen Hausstand gründen und seine Ehefrau nach der Hochzeit am 12. August über die Türschwelle der mit Blumen geschmückten Wohnung am Hanover Square tragen.
Jetzt konnte er an die Gründung einer Familie denken, und er wünsche sich sehr, dass Helenes zarte Gesundheit dem feuchtkalten Nebel in London gewachsen war.
Seine Einnahmen waren zwar für englische Verhältnisse nicht berauschend, aber er war fleißig und konnte durch zahlreiche Industriegutachten die Familienkasse aufbessern.
Sein Gesundheit war zum Glück äußerst robust, und er kam mit wenig Schlaf aus.
Sein Arbeitstag begann stets zeitig, mittags wurde nach deutscher Gewohnheit die Hauptmahlzeit eingenommen und es folgte ein "kleines Schläfchen". Dann wurde weitergearbeitet bis 8 Uhr und der Tee serviert.
Jetzt war immer noch nicht Schluss, er setzte sich an den Schreibtisch, meist bis gegen 3 Uhr in der Nacht. Anschließend konnte er stets schlafen wie ein Soldat nach einem Gefecht, um sich nach ein paar Stunden frisch zu erheben.  

Montag, 4. Juli 2016

Die Verlobung von Hofmann

Hofmann setzte sich glücklich auf eine Bank am Rande eines Rosenbeetes im Schlossgarten von Brühl, nach dem er sich von Sir James getrennt hatte, der ihm die frohe Botschaft überbrachte.
Durch die Gunst von Königin Victoria hatte er sein berufliches Glück gemacht und würde in London das "College of Chemistry" leiten.
So richtig angestachelt worden war sein Ehrgeiz durch ein blondes schönes Mädchen mit blauen Augen vor zwei Jahren. Sie hieß Helene Moldenhauer und war jetzt seine Braut. Kennengelernt hatten sie sich im Hause seines Gönners Justus Liebig, Helene war eine Nichte von Frau Liebig und kam aus Darmstadt. Bei Hofmann und Helene hatte es sofort gefunkt.
So dauerte es nicht lange Zeit, bis die offizielle Verlobung im Hause Liebig gefeiert werden konnte. Liebig hatte dazu am elften August 1844 eingeladen in Giessen am Seltersberg, um Mitternacht genau war die Geburtsstunde
von Helene.
Hofmann musste schmunzeln, als er daran dachte, wie Helene mit ihrem schimmernden Seidenkleid passend zum Blond ihrer Haare umschmeichelt wurde von den Herren und er selber ständig vereinnahmt wurde von einem Pulk von Damen.
Er wusste, dass er mit seinem maassgeschneiderten Anzug aus Frankfurt und den englischen Schuhen beim weiblichen Geschlecht gut ankam, man sagte auch, die Art wie er sich bewege, wirke sehr anziehend. Ihm war auch zu Ohren gekommen, dass man ihn als die eleganteste Erscheinung der Stadt bezeichnete.
Jetzt fiel ihm auch der Dialog mit Helene ein, den er an dem Abend bei Mondschein auf der Terrasse des Hauses Liebig führte:
"Es ist gleich Mitternacht", sagte Helene, "und Du bist so schweigsam."
Hofmann drückte sie und sagte: "Wir sollten bald heiraten, aber vorher möchte ich beruflich weiterkommen, damit ich Dir ein eigenes Haus bieten kann."
Wie willst Du aber hier in Giessen dich verbessern. du hast doch gesagt, hier kann ich nichts werden, denn du hast die Chemiker Will und Kopp vor dir."
"Das stimmt, aber Sell hat mir aus Bonn geschrieben, dort gäbe es eine Möglichkeit für mich. Finanziell ist auch der Grundstein gelegt, ich habe Goldstücke gewonnen."
Daraufhin hatte er seine Börse gezogen und die vielen Goldstücke klirrend auf dem Tisch ausgebreitet. 
Helenes Augen hatten sich geweitet vor Freude und sie stellte überrascht fest: "Das sind ja französische Goldmünzen, woher kommt der Goldschatz?"
"Die Societé de Pharmazie hatte das Preisausschreiben mit dem Thema "Einwirkung von Alkali auf natürliche organische Stickstoffverbindungen" veranstaltet, und ich bin der erste Preisträger und Gewinner von 200 Frcs."
Helene nahm eine Goldmünze an sich und Hofmann flüsterte in der Dämmerung:
"Verwende sie nach Belieben, es kann auch für eine Wiege sein."
Daraufhin war Helene verlegen und glücklich geworden.