Freitag, 31. Dezember 2021

"Hofmann": Ein Lesetipp aus Chem. Unserer Zeit

 



Verzeihen Sie die Störung - ich kenne kein Anilin

August Wilhelm von Hofmann (AWH, 1818-1892) kann man als Chemiker oder Chemikerin besonders in Deutschland nicht entkommen...Sein Name steht für vieles: Aniline,  die Allianz von Wissenschaft und Industrie, chemische Reaktionen und Geräte, aber auch für Europa! Deshalb sieht man regelmäßig auf allerlei honorigen Festveranstaltungen seine imposanten, bärtigen Porträts.

Den Menschen, seinen Weg, sein Schicksal gepaart mit seinem Wirken beschreibt Björn Kuhses Wissenschaftsroman kurzweilig auf bildhafte Weise. 53 einfach durchnummerierte ein- bis 12seitige, chronologisch aufgereihte und mit Briefzitaten gespickte Stationen fliegen beim Lesen rasch vorbei: AWH war viermal verheiratet, hatte zehn Kinder, reiste und wanderte für sein Leben gern. Schmunzelnd verfolgt man seine erste, sehr aufregende, dreimonatige Reise nach Amerika im Alter von 65 Jahren - von der er täglich in Briefen seiner 4. Frau Berta berichtete. Wie wir heute, besuchte er den Yellowstone-Park, kletterte in Ägypten auf die Pyramiden -begeisterte aber auch "die Royals" in England und Deutschland mit seinen Experimentalvorträgen.

Der Mensch und seine Zeit, die manchmal gar nicht, manchmal sehr von der unsrigen abweicht, werden lebendig - die ehrwürdigen und formalen Porträts von Festsitzungen erwachen zum Leben.

Und was hat es mit der Überschrift auf sich? Hofmann erhielt eines Abends überraschenden Besuch in seiner Bonner Wohnung. Die unangekündigten Gäste waren Prinz  Albert von Coburg und seine Gattin Victoria, Königin von England, die anlässlich der Feierlichkeiten zum 75. Beethoven-Geburtstag in Bonn weilten. Albert von Coburg hatte in seiner Bonner Zeit in der Hofmannschen Wohnung gewohnt und wollte sie seiner Frau zeigen. Die bekamen die beiden zu sehen - und eine Führung durch das Labor schloss sich an.