Dienstag, 18. November 2025

Wer kennt noch Liebigs Fleischextrakt?

 







Justus von Liebig

Ein Chemiker bewegt die Welt

Liebig1


1803 Majo den 14. Ist dem Bürger und Handelsmann, Herrn Georg Liebich und dessen Ehefrau Marie Caroline geb. Möserin ein Sohn Johann Justus getauft worden. Gevatter war der Bürger und Wagnermeister Johann Justus Benner. Geb 12. Morgens um halb 9 Uhr.  (1)                                          Darmstätter Kirchbuch



Eins


( Berufswunsch Chemiker )

 


Ein ungewöhnlich schöner Frühlingstag hatte sich im März des Jahres 1817 angekündigt. Das Ludwig-Georgs-Gymnasium im beschaulichen Städtchen Darmstadt lag im gleißenden Sonnenlicht. Doch im Inneren des Schulgebäudes zeichnete sich für einen vierzehnjährigen Schüler eine für ihn düstere Konfrontation ab, die so gar nicht zu dem heiteren Frühlingstag paßte.

Da hatte schon vor Tagen der Konrektor Stork dieser Schule vor der gesamten Klasse zu ihm gesagt: Setz dich Liebig, du bist ein Schafskopf.

Aber jetzt hatte er es mit dem Rektor persönlich zu tun.

Justus war wie vom Donner gerührt, zitternd stand er im Klassenraum auf, als sich der strenge Rektor Zimmermann vor seiner Schulbank aufbaute, ihn durch seine Nickelbrille fixierte, während seine Mitschüler der Sekunda vor Ehrfurcht erstarrten und sein Bruder Louis weiter hinten „in Deckung ging“.

Der Rektor begann mit einem Monolog über die völlig unzureichenden schulischen Leistungen des vor ihm stehenden Schülers, der zur Plage seiner Lehrer geworden ist und seinen Eltern so unendlichen Kummer bereiten würde. Dann räusperte er sich und fragte ihn direkt:

„Wie lange willst Du eigentlich noch die Schulbank der Sekunda drücken?“

Justus war eingeschüchtert, mußte doch aber zugeben, bereits den dritten Anlauf zu nehmen. Vom Alter her gab es kein Problem dabei, war er doch bereits mit acht Jahren mit seinem 2 Jahre älteren Bruder Louis in die Quarta aufgenommen und 1815 in die Sekunda versetzt worden.

 „Wenn ich selbst entscheiden könnte, wäre ich schon längst nicht mehr in diesem Schulgebäude“, schleuderte er trotzig dem Rektor entgegen.

In Justus rumorte es, was wußte dieser Mensch von seinem so wenig ausgeprägten Gehörgedächtnis, was blieb da schon bei ihm haften von den vielen lateinischen Vokabeln, um nur ein Beispiel zu nehmen; was wußte er von dem unendlichen Vergnügen, im Farbenlabor seines Vaters chemische Rezepturen umzusetzen? 

Meisterlich konnte er inzwischen Farben, Salben und Seifen herstellen, ebenso beherrschte er die Arbeitsgänge Destillieren und Filtrieren, er konnte mit Säuren und Basen umgehen und auch Gold- Analysen durchführen.

Mit schneidender Stimme und erhobenem Zeigefinger sprach Zimmermann ihn an:

„Was soll nur aus Dir werden bei Deinen erbärmlichen Leistungen hier auf dem Gymnasium, welchen Beruf kannst Du um Himmels Willen überhaupt noch anstreben?“

Justus schluckte kurz und dachte an seine zahlreichen Interessen und Fähigkeiten und Leidenschaften, die halt auf der mehr naturwissenschaftlichen und anwendungsorientierten Seite lagen.


 

Er faßte sich kurz und schleuderte dem Rektor triumphierend entgegen:


Ich will Chemiker werden!“


Kaum war ihm dieser Satz entschlüpft, so brach ein ohrenbetäubendes Gelächter

im Klassenraum des ehrwürdigen humanistisch geführten Gymnasiums nieder, auch der alte Mann konnte nicht an sich halten. Niemand hatte eine Vorstellung davon, daß man das Fach Chemie studieren könnte, nur ganz entfernt würde man einen sogenannten Quacksalber vom Markt damit in Verbindung bringen.

Doch gerader dieser reisende Chemiker hatte den jungen Justus in seinen Bann gezogen! 

Justus setzte sich trotzig und war froh, als der Rektor seine Visitation fortsetzte.

Er hatte für sich nun endgültig einen Entschluß gefaßt!

Sein Weg lag vor ihm, und er würde geprägt sein von der Praxis und der Hinwendung zur Naturwissenschaft! Sollten andere den gymnasialen Weg beschreiten.

Er würde versuchen, ohne Abitur sein Ziel zu erreichen und dabei in seinen Augen unnütze quälende Jahre überbrücken!





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