Dienstag, 29. November 2016

Hofmann zitiert Shakespeare

Seit einer Woche ist Hofmann nun bereits zurück in London.
Fast verklärt blickt er zurück auf den reizenden Aufenthalt bei Lord Ashburton in Hampshire und wie das oft im nachhinein so ist, auch der wilde Ritt hat längst seinen Schrecken verloren. Er muss sich sogar zugestehen, dass sich ein gewisser Stolz auf seine Leistung bemerkbar macht.
Wenn er so über die Tage auf dem Landsitz zurückdenkt, so muss er feststellen, dass sich seine Lebenserfahrung erweitert hat.
Jetzt versteht er, warum die englische Aristokratie so stark auf dem Lande verwurzelt ist und er bewundert die englische Gastfreundschaft.
Selten haben weniger als 30 Personen am Tisch Platz genommen, man ist sogar in der Lage bis zu 40 Gäste unterzubringen in der Grange.
Was aber Hofmann besonders beeindruckt hat, ist die Bewegungsfreiheit, die dem Einzelnen in diesem Anwesen gestattet ist.
Man findet wohl kaum einen anderen Ort, an dem man so in Ruhe seinen Gedanken nachgehen kann.
Bei der nächsten Einladung hierher würde er in Ruhe eine Abhandlung ausarbeiten, das hatte er sich schon jetzt vorgenommen.
Er musste an die vielen Einladungen in Deutschland denken, die er angenommen hatte und bei denen er ständig gut gemeinte Wohltaten über sich ergehen lassen musste. Man kam selten zu sich und war unendlich glücklich über jede Mußestunde. In dieser Hinsicht konnte man von den Engländern noch etwas lernen.
Zusätzlich zu dieser großzügigen Gastfreundschaft herrscht bei den englischen Aristokraten ein Gemeinsinn, dem kein Einsatz von Zeit und Geld zu groß ist. Dazu gehört ein enormer Kraftaufwand allein zur Erfüllung der parlamentarischen Pflichten. Neben den endlosen Sitzungen müssen sie nach Westminster gehen, um in den Committee-rooms zu gehen. Dort überall begegnet man den Aristokraten, für die es keine Frage ist, sich mit Engagement den Angelegenheiten der Bürger zu widmen.
Diese Arbeit setzt sich auch auf dem Lande durch zahlreiche Korrespondenz fort, wie Lord Ashburton berichten konnte, meist geht es um public business.
Neben seinem Amt als Chairman of the Concil of the Royal College of Chemistry fördert er noch ein Dutzend weiterer Institutionen nicht nur finanziell, sondern auch durch seinen klaren Sachverstand.
Nach diesem Besuch hatte Hofmann schon das Gefühl, dass gegenseitige Sympathie zwischen ihm und seinem Gönner ein Ergebnis dieser Reise waren.
Ihm ging es sogar so, dass er ein wenig Mitleid empfand. Er war nicht sicher, ob dieser Mann, der so viel Glück um sich verbreiten konnte, für sich selbst das Glück gepachtet hatte. Lord Ashburton war kinderlos, sein Titel, die herrliche Grange und zahlreiche Anwesen übernehmen einst entfernte Verwandte.

Eines hat der Ausflug bei Hofmann auf jeden Fall bewirkt, er ist wieder voller Tatendrang, ja , er könnte sogar sagen, er hat eine Art Heißhunger auf ernste Arbeit bekommen.
Da er eine große Freude sowohl bei seinen Vorlesungen als auch bei der praktischen Tätigkeit im Laboratorium verspürte, wollte er sogar in diesem Jahr auf Teile der Ferienzeiten wie Ostern und Pfingsten verzichten.
Dabei hatte er schon die Ausrufe seiner Schwestern im Ohr:
„Was ist denn nur mit unserem sonst so ferienbegeisterten Bruder geschehen?“
Hofmann musste bei dem Gedanken schmunzeln, nichts galt für die Ewigkeit, auch seine momentane Arbeitswut konnte wieder verfliegen. Er musste an die Ferienauffassung eines deutschen Kollegen denken, der in seiner humorvollen Art einem Engländer nach dessen Frage über deutsche Universitätseinrichtungen folgende Antwort gab:
„Das Semester ist eine unliebsame aber zum Glück nur kurze Unterbrechung der Ferien.“
Heute aber war Hofmann eher nach Shakespeare zumute, als dieser den Prinzen Heinrich  zu dem Abenteuer in Rocherster sagen lässt:

If all the year were playing holidays,
To sport would be as tedious as to work:
But when they seldom come, they wish`d for come




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