Samstag, 28. Februar 2015

Jonon, der künstliche Veilchenduft

Für Wilhelm war die Entdeckung und Herstellung des Riechstoffes der Veilchenblüte durch seinen Freund Tiemann ein Durchbruch.

Zunächst hatten sie das Iron aus den Veilchen identifiziert, jetzt galt es eine Synthese zu entwickeln.


Auf Wilhelms Anregung hin wählten sie als Ausgangsstoff Citral, das ihnen in dem indischen Lemongrasöl zur Verfügung stand und als Duftstoff für Seifen diente. Besonders  die Strukturformel hatte es ihnen angetan, denn es gab eine Ähnlichkeit zu dem soeben entdeckten Iron. Es galt, aus einer Molekül-Kette einen Ring herzustellen, für einen Chemiker eine schwierige Aufgabe.

Sie  versuchten es mit Aceton und Citral, um  einen Ringschluss durch Wasserabspaltung hinzubekommen. 
Tagelang wurde nun eine Mischung von Citral und Aceton mit speziellen Chemikalien erhitzt, neutralisiert und destilliert. Das Ergebnis war zunächst enttäuschend, nämlich ein wasserhelles Öl ohne besonderen Geruch.
Aber sie gaben nicht auf, sie spürten förmlich, dass sie dem Veilchenduft dicht auf der Spur waren. Das Öl wurde behandelt mit Säuren, immer wieder bis zum Sieden erhitzt, mit Äther versetzt und zum Schluss destilliert.

Schon als die ersten Tropfen des Destillates getestet wurden, war die Sensation perfekt. 
Sie hatten einen neuen Duft entdeckt.
Es war ein ungemein intensiver, sehr angenehmer Geruch, nämlich der Duft nach Veilchen, und gleichzeitig wurde man an die Weinblüte erinnert.

Wilhelm nannte diesen künstlichen Riechstoff Jonon. Er entsprach von seinen Eigenschaften her nicht ganz dem Iron, aber der Duft war äußerst interessant. 
Jetzt war man natürlich gespannt auf die Formel dieser Verbindung, und das gab ihnen schon ein Rätsel auf. Die Summenformel war identisch mit dem Iron, und auch die ringförmige Strukturformel schien identisch zu sein. Aber es war doch nicht dieselbe Substanz! Sie ahnten beide, dass auch hier die Isomerie eine Rolle spielen mußte. Ein winziger Unterschied führte zu einem anderen Stoff mit neuen Eigenschaften.
Etwas später konnten sie sogar im Labor feststellen, dass ihr Jonon wiederum aus zwei Isomeren mit unterschiedlichen Duftnoten bestand, ja sie waren sogar in der Lage, die Anteile durch Säurezugabe zu steuern.
Der Duft war so vielversprechend, dass man Jonon sofort in die Produktion nahm, zumal der technische Aufwand gering war.
Schon bei der Entdeckung hatten sie beim Kaiserlichen Patentamt die Erfindung eingereicht, die ihnen unter der Nr. 73089 anerkannt wurde.






















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