Freitag, 22. August 2014

Ein Dufterlebnis mit Vanille

Holzminden um 1880
Es wird Zeit, dass wir den Bezug des jungen Wilhelm, dem späteren" Herrn der Düfte " zu der Vanille, die ihn sein ganzes Leben begleiten sollte, herstellen.
Düfte wehen heran, und schon sind sie wieder verschwunden.
Jeder von uns hat seine speziellen Dufterlebnisse, die ihn häufig an sorglose Kinderzeiten erinnern.
So auch Wilhelm, der im 19. Jahrhundert in einer kleinen Stadt an der Weser lebte, die sich heute mit dem Zusatz "Stadt der Düfte und Aromen" schmückt.  
Wilhelm hatte sein Dufterlebnis mit acht Jahren bei seiner Großmutter, die weit entfernt von seiner Geburtsstadt Holzminden im beschaulichen Eschershausen wohnte.
Schon beim Betreten ihres Hauses empfing ihn oft der Duft eines frisch gebackenen Apfelkuchens. Er ließ ihm das Wasser im Munde zusammenlaufen, spürte dabei schon den ersehnten Geschmack und stellte sich vor, wie der Puderzucker auf der Zunge zerschmolz. 
Er liebte seine Großmutter, und eigentlich liebte er auch ihren Geruch. Es war ja nicht nur der Apfelkuchen, es war eigentlich viel mehr. Es war auch der Duft von „Kölnisch Wasser“, den sie am Sonntag beim Kirchgang verbreitete. Düfte strömten auch von draußen in das geöffnete Küchenfenster hinein, es war der Duft von Pfirsichen, der ihn an seine ganz frühe Kindheit erinnerten. 
Bei seinem letzten Besuch hatte er ein besonders eindrucksvolles Dufterlebnis. Seine Großmutter wollte ihrem Enkel eine große Freude machen, aber sie lebte in bescheidenen Verhältnissen und konnte ihm deshalb kein größeres Geschenk machen. 
„Ich habe noch etwas Besonderes im Küchenschrank, es ist eine Vanilleschote aus Mexiko. Ich könnte Dir damit einen Vanille-Pudding zubereiten.“ Wilhelm wurde neugierig, so eine Schote hatte er noch nie gesehen. Seine Großmutter nahm sie vorsichtig aus dem Glasbehälter und Wilhelm prüfte die seidenglänzende, dunkelbraune Frucht voller Staunen. Dabei bemerkte er vor allem den intensiven Duft, den er noch nicht kannte, ein neues Dufterlebnis für ihn. Der Vanille-Pudding schmeckte ihm dann köstlich.
Nun wollte er mehr wissen über die Gewürzvanille. Mit großen Augen hing er an Großmutters Lippen, als sie von spanischen Eroberern berichtete, die im fernen Mexiko bei den Ureinwohnern die Vanille kennengelernt hatten, von ihr begeistert waren und sie auf ihren Segelschiffen mit nach Spanien brachten.

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